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Ad-libitum-Tränke – Milch zur freien Aufnahme

Bei der Ad-libitum-Tränke steht dem Kalb Milch oder Milchaustauscher rund um die Uhr zur Verfügung.
Es entscheidet selbst, wann und wie viel es trinkt. Diese Fütterungsform wird in der Praxis meist auf die ersten vier Lebenswochen begrenzt.

 

Die Empfehlung für diese Fütterungsform beruht darauf, dass das Verdauungssystem des Kalbes in den ersten Lebenswochen vor allem auf Milch als Nährstoffquelle ausgelegt ist. Eine gute Energie- und Nährstoffversorgung in dieser Zeit ist entscheidend, denn sie beeinflusst im Rahmen der metabolischen Programmierung die spätere Leistungsfähigkeit des Tieres nachhaltig.

Restriktive Fütterung – kontrollierte Tränkemengen

Bei der restriktiven Fütterung erhält das Kalb eine vorgegebene Tränkemenge nach einem festen Tränkeplan.
Durch das entstehende Hungergefühl wird das Kalb frühzeitig dazu angeregt, Festfutter aufzunehmen.
Dadurch soll die Pansenentwicklung gefördert und der Übergang zur Aufnahme fester Nahrung beschleunigt werden.

Allerdings kann es – abhängig von der Tränkemenge und der Konzentration des Milchaustauschers – dazu kommen, dass das Kalb seinen Energiebedarf nicht vollständig deckt.
Infolgedessen können geringere tägliche Zunahmen und eine verminderte spätere Lebensleistung auftreten. 

Wie viel braucht das Kalb?

Um den Energiebedarf eines Kalbes mit einer Lebendmasse von 45–50 kg zu decken, müssen täglich etwa 1 kg Milchaustauscher (MAT) aufgenommen werden.
Bei einer Tränkemenge von 6 Litern und einer Konzentration von 130 g MAT pro Liter Tränke liegt die tatsächliche Aufnahme jedoch nur bei rund 780 g MAT – der Erhaltungsbedarf wird also nicht vollständig gedeckt.

Daher sollten mindestens 8 Liter Tränke pro Tag verabreicht werden, um den Grundbedarf zu sichern. Studien zeigen jedoch, dass mit 8 Litern pro Tag das Wachstumspotenzial nicht ausgeschöpft wird.

Ad-libitum-getränkte Kälber können in den ersten vier Lebenswochen bis zu 20 Liter Milch täglich aufnehmen. Entscheidend ist, dass ständig Milch zur freien Verfügung steht – das Kalb darf kein Hungergefühl entwickeln.
Fehlt Milch oder wird die Tränke unregelmäßig angeboten, trinken die Tiere beim nächsten Mal zu hastig, was leicht zu Verdauungsstörungen führen kann.

Worauf ist bei beiden Fütterungsmethoden zu achten?

Restriktive Fütterung beim Kalb

•           Tränkemenge und Konzentration müssen ausreichend hoch sein

•           Empfehlung: 130–140 g MAT pro Liter Tränke

•           Tägliche Tränkemenge: bis zu 12 Liter pro Tag

•           Drei Mahlzeiten pro Tag verbessern Verdauung und Tränkeaufnahme

Ad-libitum-Fütterung beim Kalb

•           In den ersten Wochen ständig Milch zur freien Aufnahme bereitstellen

•           Tränkehygiene beachten: Tränkeeimer vor jeder Befüllung mit warmem Wasser reinigen

•           Im Sommer Säurezusatz zur Stabilisierung: pH-Wert auf ca. 5,5 einstellen

•           Empfehlung: JOSERA Vital-Acid (LINK), Dosierung 2 ml pro Liter Milchaustauscher

Ad libitum Fütterung in der Kälberaufzucht – rechnet sich das?

Praxisversuche zeigen, dass sich eine ad-libitum-Fütterung positiv auf Wachstum und Entwicklung auswirkt.
Dies verdeutlichen die Ergebnisse eines Fütterungsversuchs, den JOSERA in Zusammenarbeit mit der FH Weihenstephan-Triesdorf durchgeführt hat.

Eckdaten des Versuchs

  • 43 Fleckviehkälber
  • 2 Gruppen

Ad-libitum-Fütterung: 4 Wochen

Restriktive Fütterung: 6 Liter pro Tag

  • 5 Wochen JOSERA IgluVital Milchaustauscher
  •  7 Wochen JOSERA Optimil Milchaustauscher

 

Alle Informationen und Ergebnisse zum Versuch finden Sie im begleitenden Video:

Der Versuch – Ergebnisse aus der Praxis

Um die Auswirkungen der Fütterungsmethode auf Tränkeaufnahme, Wachstum und spätere Leistung zu untersuchen, führte JOSERA gemeinsam mit der FH Weihenstephan-Triesdorf einen Fütterungsversuch durch.

Ziel war es, die Ad-libitum-Fütterung bei Kälbern mit einer restriktiven Fütterung direkt zu vergleichen und den Einfluss auf die Entwicklung der Kälber zu bewerten.

1. Ad libitum – Gruppe - hohe Aufnahme und gute Verträglichkeit

Die durchschnittliche Tränkeaufnahme der ad-libitum-getränkten Kälber stieg in den ersten vier Lebenswochen auf 14,6 Liter pro Tag.
Einzelne Tiere erreichten in der vierten Woche sogar bis zu 22 Liter täglich.

Diese Ergebnisse bestätigen, dass der Milchaustauscher JOSERA IgluVital eine sehr hohe Schmackhaftigkeit besitzt und selbst bei großen Tränkemengen hervorragend vertragen wird.

Abbildung 1 durchschnittliche Tränkeaufnahme in Liter/Tag, FH Weihenstephan-Triesdorf (Johe 2018)

2. Entwicklung der Tiergewichte bis zum 35. Lebenstag

Bei vergleichbaren Geburtsgewichten wiesen die ad libitum getränkten Kälber eine deutlich höhere Körpermassenentwicklung auf. Ab dem 28. Lebenstag waren die Gewichtsunterschiede mit einer Gewichtsdifferenz von 11,6 kg signifikant verschieden.

Abbildung 2 Gewichtsentwicklung, a und b sind signifikant verschieden, (Johe 2018)

3. Höhere Milchleistung durch Ad libitum Kälberfütterung?

Die Ergebnisse bestätigen, dass eine intensive Aufzucht langfristig höhere Wirtschaftlichkeit in der Milchviehhaltung ermöglicht – ein Effekt, der durch zahlreiche wissenschaftliche Studien gestützt wird.

Im Kern bedeutet das ein Umdenken in der Praxis:
Investitionen in das neugeborene Kalb, insbesondere in den ersten Lebenswochen, zahlen sich aus.
Eine gute Nährstoffversorgung in der Tränkephase beeinflusst die spätere Milchleistung in der ersten Laktation nachweislich positiv.

Exkurs: Zellteilung und Zellwachstum

Das Nährstoffangebot in der frühen Wachstumsphase reguliert maßgeblich die Zellteilungsrate und damit die Organentwicklung.
Über die Fütterungsintensität wird also die spätere Lebensleistung der Milchkuh bereits früh „programmiert“ – dieser Effekt wird als metabolische Programmierung bezeichnet.

Kälber, die in den ersten Lebenswochen nur begrenzt mit Nährstoffen versorgt werden, erreichen ihr Gewicht später zwar durch kompensatorisches Wachstum, zeigen aber keinen Leistungszuwachs im späteren Leben.
Der Grund: Dieses nachgeholte Wachstum findet in der Zellvergrößerungsphase, nicht mehr in der primären Zellteilungsphase, statt.

Das bedeutet:

  • Kompensatorisches Wachstum kann Körpergewicht korrigieren,
  • beeinflusst aber nicht die Organanlagen, deren Entwicklung fast ausschließlich in den ersten Lebenswochen erfolgt.

4. Warum führt intensive Kälberfütterung zu höherer Milchleistung?

In den ersten 50 Lebenstagen findet in den inneren Organen ein intensives Zellteilungswachstum statt, während das spätere Wachstum hauptsächlich durch Zellvergrößerung geprägt ist.
Daher wirkt sich eine intensive Nährstoffversorgung in der frühen Phase unmittelbar auf die Organentwicklung und langfristig auf die Milchleistung aus.

Positive Organentwicklung der Kälber

Eine amerikanische Studie der Universität Blacksburg belegt diesen Zusammenhang deutlich

Versuchsaufbau:

 Zwei Gruppen wurden über acht Wochen unterschiedlich gefüttert:

  • restriktiv
  • intensiv

Ergebnis:

  • Die intensiv gefütterten Kälber waren nach acht Wochen 24,5 kg schwerer als die restriktiv gefütterten Tiere.
  • Zudem zeigte sich bei den intensiv gefütterten Kälbern eine signifikant höhere Organmasse pro kg Lebendmasse.

Schlussfolgerung:

Eine intensive Nährstoffversorgung fördert in der frühen Zellteilungsphase ein stärkeres Zellwachstum bestimmter Organe.
Dadurch entwickeln sich leistungsfähigere Tiere, die in der Folge eine höhere Milchleistung in der ersten Laktation erreichen können.

Abbildung 4 Euter- und Milchdrüsengewebe in g (Soberon und Van Amburgh 2017)

Positive Entwicklung der Euteranlagen der Kälber

Die Forscher Soberon und Van Amburgh (2017) konnten den Effekt der metabolischen Programmierung auch auf die Entwicklung der Euteranlagen nachweisen.

Versuchsaufbau:

  • Zwei Fütterungsgruppen über mehrere Wochen
    • Restriktiv: 0,6 kg MAT pro Tag
    • Intensiv: 1,3 kg MAT pro Tag

Ergebnis:
Die histologischen Untersuchungen zeigten am 54. Lebenstag deutlich, dass die intensiv gefütterten Kälber ein signifikant größeres Euter- und Milchdrüsengewebe aufwiesen als die restriktiv gefütterten Tiere.

Abbildung 5 Erkrankungen und Abgänge in Abhängigkeit von der MAT-Aufnahme, (Schuldt und Dinse 2016)

Positive Auswirkungen auf Gesundheitsstatus und Lebensleistung

Auch Schuldt und Dinse (2016) konnten in einer Untersuchung mit 532 Kälbern zeigen, dass eine höhere MAT-Aufnahme die Gesundheit der Kälber verbessert.
Kälber mit intensiver Fütterung zeigten:

  • eine geringere Erkrankungshäufigkeit,
  • weniger Abgänge,
  • und eine höhere spätere Lebensleistung als Milchkühe.

Die Versuchsergebnisse im Überblick

Kernaussagen aus dem Ad-libitum-Versuch:

  • Tränkeaufnahme der Ad-libitum-Gruppe am 28. Lebenstag: Ø 14,6 Liter/Tag (max. 22 Liter)
  • Gewichtsdifferenz am 35. Lebenstag: +15,2 kg zugunsten der Ad-libitum-Gruppe
  • Beim Absetzen (86. Lebenstag): Ø +8,4 kg Gewichtsvorsprung

Endgewichte:

  • Ad-libitum-Gruppe: 11 Wochen = 139 kg
  • Restriktive Gruppe: 10,6 Wochen = 122 kg

11 Wochen: 139 kg

Fazit - Wirtschaftlicher und tiergerechter Aufzuchterfolg

Hohe Tränkemengen von bis zu 22 Litern pro Tier und Tag sind mit dem JOSERA Milchaustauscher JOSERA IgluVital problemlos möglich.
Durch die intensive Fütterung werden durchschnittliche Zunahmen von 968 g pro Tier und Tag erreicht.
Das führt zu robusteren Kälbern, geringeren Behandlungskosten und einem besseren Gesundheitsstatus.

Die Mehrkosten für den höheren Milchaustauscherverbrauch (ca. 21,6 kg MAT) werden bereits am 35. Lebenstag durch den Mehrertrag von 15,2 kg Lebendmasse ausgeglichen.
Zusätzlich ergibt sich ein ökonomischer Vorteil durch ein früheres Erstkalbealter und eine höhere Milchleistung in der ersten Laktation.

10,6 Wochen: 122 kg

JOSERA-Empfehlung für eine Ad libitum Kälberaufzucht

  • Kolostrumversorgung: Nach der Geburt sollten mindestens zwei Mahlzeiten Kolostrum mit jeweils 3–4 Litern pro Mahlzeit verabreicht werden.
    Das Kolostrum sollte unmittelbar nach der Geburt abgemolken und dem Kalb angeboten werden.
    → Lesen Sie hierzu unseren Ratgeber zu Management-Regeln rund um die Geburt Ihres Kalbes.
  • Tränkephase (erste 4 Wochen): Für eine gute Nährstoffversorgung in den ersten vier Lebenswochen empfehlen wir den JOSERA IgluVital Milchaustauscher.
  • Weitere Aufzucht: Ab der 5. Lebenswoche kann wahlweise auf einen kostengünstigeren Milchaustauscher wie JOSERA Brillant umgestellt werden.